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Interview mit Tanya Lenn von der Eichhörnchen-Hilfe Berlin/Brandenburg e.V. in Teltow.

Unseren Eichhörnchen Elle und Iffel auf dem Nussbaumhügel geht es prächtig. Aber was ist mit den niedlichen Nagern im Berliner Raum? Wie Zeitungen jetzt schreiben, bedroht sie ein unbekanntes Pockenvirus. Die Krankheit führt zu sehr schmerzhaften Hautentzündungen, wodurch die Pfötchen zusammenkleben und sich die Tiere nicht mehr am Baum festhalten können, manche sterben vor Schmerzen an einem Schock. Es befällt nur Eichhörnchen, und leider gibt es auch keine Medikamente dagegen. Tanya Lenn von der Eichhörnchen-Hilfe Berlin/Brandenburg e.V. in Teltow hat nicht nur ein gaaanz großes Herz für die niedlichen Tiere, sondern auch das nötige Wissen und eine aufwändige Aufpäppel-Station. Sie hat uns hier schon viel Wichtiges vermittelt, wie Eichhörnchen gut durch den Sommer und den Winter kommen. Was sagt sie dazu? Leiden schon viele Eichhörnchen an diesem Pockenvirus?  
Tanya Lenn:
Seit 12 Jahren habe ich immer mal wieder solche Tiere und habe sie untersuchen lassen.  Im Labor des Leibniz-Institutes für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin wurde dann vor ungefähr 2 Jahren festgestellt, dass es das jetzt gibt. Es ist eine sehr schwere Krankheit, wie eine Kinderkrankheit, die vor allem junge Hörnchen befällt, und die Tiere leiden sehr darunter. Aber es ist nicht so, dass der ganze Bestand gefährdet ist. In ungefähr 18 Jahren hatte ich vielleicht 100-150 Tiere, die davon befallen waren. Das Virus ist nicht ansteckend, nicht für andere Tiere und auch nicht für Menschen.

Eichhörnchen-Hilfe Berlin/Brandenburg e. V.

Eichhörnchen-Hilfe Berlin/Brandenburg e. V.

Dann ist es ja Ihnen zu verdanken, dass das jetzt herausgefunden wurde! Wenn aber keine Medikamente helfen, was kann eine Eichhörnchen-Hilfe wie Ihre dann dagegen tun?

Tanya Lenn:
Die erkrankten Hörnchen bekommen auf jeden Fall ein Schmerzmittel. Ansonsten versuchen wir, was man bei jeder Krankheit tun muss – das Immunsystem zu stärken, mit guter Pflege und Versorgung. Also gute Ernährung wie Obst, Gemüse, Nüsse, Samen, Vitamine, Propolis und andere Naturheilmittel. Den meisten Tieren konnten wir helfen. So dramatisch, wie es jetzt in den Medien dargestellt wurde, ist es also nicht, auch wenn es eine sehr schwere Krankheit mit großen Schmerzen ist und viele betroffene Hörnchen sterben.
Seit ca. zwei Jahren stellen wir leidernoch ganz andere Dinge fest, die beunruhigen. So ist das Immunsystem der Eichhörnchen geschwächter. Sie sind nicht mehr so widerstandsfähig, haben Probleme mit dem Bewegungsapparat, laufen nicht mehr so schnell, manche sind gelähmt, leiden an Erkältungen, Lungenentzündungen und Durchfällen.

Das Klima hat sich ja auch stark verändert, es regnet oft und viel, das Wetter wechselt in sehr kurzen Abständen, heftige Stürme …

Tanya Lenn:
Ja, das Klima mit großer Hitze und langen feuchten Phasen und die veränderte Umwelt machen Eichhörnchen  sehr zu schaffen. Immer mehr Lebensraum wird zerstört, Bäume und Hecken verschwinden, der Boden wird verdichtet, Schneckenkorn und Pflanzengifte wie Unkrautvernichtungsmittel  werden überall benutzt, auch in den Gärten und an den Straßen, weil kein Unkraut wachsen soll. Dadurch sind schon viele Insekten verschwunden, Bienen, Wespen und Hummeln gibt es nur noch wenige, und auch die Igel sind schon sehr gefährdet. So extrem ist es für die Eichhörnchen noch nicht, aber wir müssen aufpassen. Wenn nichts passiert, sind auch sie bedroht. Besonders wichtig ist es, Bäume stehen zu lassen, vor allem Nadelbäume sind wichtig für Eichhörnchen. Darin können sie sich gut verstecken, und die Zapfen mit ihren Samen fressen sie sehr gern.

Eichhörnchen-Hilfe Berlin/Brandenburg e. V.

Eichhörnchen-Hilfe Berlin/Brandenburg e. V.

Was kann man denn selbst tun, wenn man eines  Eichhörnchen findet?

Tanya Lenn:
Erst mal nachsehen, ob es verletzt ist. Verletzte Tiere werden von den Müttern nicht mehr aufgenommen. Ist man unsicher, kann man das Tier erstversorgen und in einem Karton mit einem Tuch unten und einem zum Einkuscheln an eine sichere Stelle in der Nähe bringen und beobachten, ob die Eichhörnchen-Mama ihr Kind sucht. Wenn die Mama kommt und ihr Kind sucht, legt man es in einem Handtuch, das wie ein Vogelnest geformt wird, an die Stelle, an der heruntergefallen ist und zieht sich ein Stückchen zur Beobachtung zurück. Bis es gefunden ist und wieder in sein Nest gebracht wurde, das kann schon mal Stunden dauern. Ist das Eichhörnchen verletzt, dann mit dem Karton und evt. nach einer Erstversorgung durch etwas Fencheltee mit einem Teelöffel Honig und einer Prise Salz zu einer Eichhörnchen-Hilfe bringen. Da gibt es ja mehrere und nicht nur uns. Auch wenn man die kleinen Hörnchen mit der Hand angefasst hat, braucht man keine Angst haben: Sie übertragen keinerlei Krankheiten auf den Menschen.

Bei ausgewachsenen Eichhörnchen, die angefahren wurden und sich dadurch in einem schweren Schockzustand befinden, ist es besser, Handschuhe anzuziehen oder das Tier mit einem Tuch hochzunehmen, da es in einem solchen Fall auch beißen könnte.
 

Eichhörnchen, denen Sie helfen konnten, werden wieder ausgewildert. Aber auch das braucht Zeit. Sie haben erzählt, dass man das auch im eigenen Garten tun kann.

Tanya Lenn:
Der Gartenbesitzer muss eine Voliere bauen, für die bekommt er dann, je nach Größe der Voliere und des Grundstücks, ein bis zwei Mal im Jahr mehrere Eichhörnchen. Die Tiere sind ungefähr 4 Monate alt. In 3 bis 6 Wochen sind sie dann ausgewildert. In dieser Zeit muss immer Futter da sein, da sie noch oft zurückkehren.

Eichhörnchen-Hilfe Berlin/Brandenburg e. V.

Eichhörnchen-Hilfe Berlin/Brandenburg e. V.

Da möchten wir am liebsten sofort anfangen zu bauen! Aber es gibt ja auch noch viele andere Möglichkeiten, um etwas für ein sicheres, schönes und langes Eichhörnchen-Leben zu tun. Dazu gibt es viele Informationen mit tollen Fotos und Videos auf Ihrer Seite.
Vielen Dank für das Gespräch, bis zum nächsten Mal!

Tanya Lenn:
Gerne, ich freue mich über Ihr Interesse, denn unsere Eichhörnchen können – wie viele andere Wildtiere – jede Hilfe gebrauchen. Grüßen Sie Ihre Hörnchen herzlich von mir ;)

Wir bedanken uns bei Tanya Lenn herzlich für das interessante Gespräch und ebenso bei Carola Götze für ihre wunderschönen Eichhörnchen-Fotos aus der Eichhörnchen-Hilfe.

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